Skip to main content

Bild: © Peter Rey, Netzwerk HYDRA

Hochwasserschutzkonzept Thur+: Kurskorrektur fällig

Im April hat der Kanton Thurgau das Hochwasserschutzprojekt Thur+ verabschiedet. Nach intensiver Prüfung kommt die IG Lebendige Thur zu einem ernüchternden Ergebnis: Der Kanton ist gerade daran, eine Jahrhundertchance zu verspielen. Er bricht Bundesvorgaben, gefährdet den Hochwasserschutz und bringt die Bevölkerung um einzigartige Naturparadiese.


«Der Kanton hat die Liebeserklärung der Thurgauer:innen an eine lebendige Thur schroff zurückgewiesen. Statt den Menschen wieder mehr Natur entlang der Thur zu bieten, verabschiedet er ein mutloses Konzept voller technischer Mängel.»

Christian Hossli, Geschäftsleiter IG Lebendige Thur

Fachkritik und Sehnsüchte ignoriert

Eine erste Version des Hochwasserschutzprojekts legte der Kanton im August 2020 mit öffentlicher Mitwirkung auf. Die IG Lebendige Thur hat dieses Vorgehen begrüsst und eine umfangreiche Stellungnahme mit konstruktiven Anträgen abgegeben. Unterstrichen wurde dieses Votum von über 1'000 Stellungnahmen aus der Thurgauer Bevölkerung, die in Form von Liebesbriefen an eine lebendige Thur eingereicht wurden.

Auch eine 2020 vom Befragungsdienst GFS durchgeführte repräsentative Umfrage im Kanton Thurgau bringt die Sehnsucht der Thurgauer:innen nach mehr Raum für Natur und Mensch entlang der Thur zum Ausdruck: Jeweils über 70 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen «ein breites Flussbett mit dynamischen Auwäldern, sowie Tier- und Pflanzenarten in grosser Häufigkeit und Vielfalt» sowie «der Zugang zu einem natürlichen Gewässer» «wichtig» oder sogar «sehr wichtig» seien. Leider wurden diese Voten vom Kanton kaum gewichtet.

Um Hochwasserschutz, Naherholung und Naturschutz miteinander in Einklang zu bringen, reicht der im verabschiedeten Konzept vorgesehene Gewässerraum bei weitem nicht aus.

Unbeirrt auf dem Holzweg

Der Kanton plant die Gewässerraumausscheidung zudem bundesrechtswidrig. So will er die Gewässerräume pauschal auf ein Minimum von beidseitig 15 Metern begrenzen und erst bei zukünftigen Revitalisierungsprojekten abschnittsweise mehr Raum zur Verfügung stellen. Damit schafft der Kanton Rechtsunsicherheit und provoziert unnötige Konflikte – denn bereits festgelegte Eigentumsrechte müssten im Falle von Revitalisierungen immer wieder neu verhandelt werden. Ein aussichtsloses Unterfangen. Die Gewässerschutzvorschriften sehen keine etappierte Gewässerraumausscheidung vor. Im Gegenteil, es muss von Beginn weg auch der für Revitalisierungen und den Hochwasserschutz erforderliche Gewässerraum mit ausgeschieden werden, nicht nur der minimale Gewässerraum.

Die IG Lebendige Thur ist erstaunt über dieses Vorgehen und enttäuscht vom verabschiedeten Gesamtprojekt. Die Kantonsregierung muss die vorliegenden Fehler dringend korrigieren. Sonst verletzt sie nicht nur geltendes, übergeordnetes Recht, sondern auch die Bedürfnisse von Mensch und Natur, die eine wahrlich lebendige Thur verdient haben. 

Mehr Gewässernews

Von Mythen und Missverständnissen

Was ist eigentlich eine Beschwerde und was eine Einsprache? Können Umweltschutzorganisationen ein Projekt verhindern? Und wann ist ein Beschwerdeverfahren wirklich abgeschlossen? Im Gespräch mit Franziska Scheuber und Michael Casanova von Pro Natura bringen wir Licht ins Dunkel.

Aufruf zur Nichteinhaltung des Gesetzes

Vielen Politiker:innen ist das Verbandsbeschwerderecht ein Dorn im Auge beim Ausbau der erneuerbaren Energien, vor allem seit der Verabschiedung des Stromgesetzes. Martina Munz erklärt im Gespräch, warum die Kritik nicht gerechtfertigt ist und welche Ansätze und Strategien wir wirklich brauchen.

Sachlich begründet und bewährt

Seit nahezu 60 Jahren gibt es in der Schweiz das Verbandsbeschwerderecht. Das Instrument hat sich als überaus wirksam erwiesen, wird jedoch immer wieder politisch infrage gestellt. Arnold Marti stellt uns das Verbandsbeschwerderecht vor und erklärt, warum es nicht nur für unsere Gewässer so immens wichtig ist.

Kraftwerk Emmenweid: Fischgängig dank Einsprache und Verhandlung

Fische wandern zur Nahrungssuche und Fortpflanzung oft viele Kilometer und sind deshalb auf vernetzte, durchgängige Gewässer angewiesen. Ohne das Verbandsbeschwerderecht wäre ihnen der Weg in unseren Flüssen häufig versperrt. Dies zeigt die Sanierung des Wasserkraftwerks Emmenweid.